Vorbei ist die Zeit, in der Kinder wissbegierig an unseren Lippen hingen, Oma und Opa noch etwas Gebasteltes zum Geburtstag bekamen und das Kind sich sonntags in unser Bett kuschelte. Heute stehen schlechte Laune auf dem Plan, gekoppelt mit Aussagen wie “Mama, du nervst” oder “Jetzt chill mal”. Vergessen sind all die guten Manieren, die Eltern Kindern in den letzten 12 Jahren beigebracht haben. Auch die einst so kindliche Neugierde ist verschwunden, denn jetzt haben Kinder keine Lust mehr auf Schule und lernen.
Warum werden Kinder in der Pubertät antriebslos?
Wir alle mussten den biologischen Prozess der Pubertät durchlaufen, der uns erwachsen werden lässt. Und in diesem Prozess verändert sich auch unser Gehirn - es wird schneller und leistungsfähiger. Allerdings ist die Pubertät mit einer Renovierung zu vergleichen, während man die Räume noch bewohnt: Man muss mit Einschränkungen rechnen. Auch wenn es Ihnen nicht so vorkommen mag - Teenager leisten während dieser Phase sehr viel, denn sie müssen all die neuen Funktionen, Fähigkeiten und Emotionen erlernen und verarbeiten. Da sich nicht alle Bereiche des Gehirns gleichzeitig entwickeln können, werden andere, bereits erlernte Funktionen einfach ausgeblendet, um das Gehirn nicht zu überlasten.
Während dieser “Umbauphase” des Gehirns lernen Kinder diejenigen Fähigkeiten, die wir Erwachsenen bereits seit langer Zeit beherrschen - z. B. das Setzen von Prioritäten und Eigenständigkeit, auch wenn Freunde treffen zunächst wichtiger ist, als die Französisch-Vokabeln. Identitätsfindung und soziale Kontakte haben in dieser Zeit für Teenager eine höhere Bedeutung, als die Mathehausaufgaben. Die Herausforderung besteht also darin, Lernen und Schule mit dem eingeschränkten Gehirn des Kindes sowie dessen neue Fähigkeiten in Einklang zu bringen.
Die Phasen der Pubertät
10 bis 12 Jahre - Vorpubertät
In dieser frühen Phase der Pubertät testen Kinder vor allem Grenzen und Regeln. Diskussionen bekommen eine ganze neue Dimension: Ihr Kind ist in diesem Alter nicht nur hartnäckiger, sondern es kann auch besser argumentieren. Es findet schnell heraus, wenn eine Aussage von Ihnen schwach begründet ist. Hausaufgaben nach der Schule erledigen? Regelmäßiges Vokabeln lernen? Mit den starken Argumenten können Sie Ihr Kind in dieser frühen Pubertätsphase noch davon überzeugen, dass Ihr Kind die Regeln akzeptiert und diese sich im besten Fall für die weitere Pubertät und Schulzeit festigen.
12 bis 16 Jahre - Hochpubertät
Chillen ist der neue Sport. Und nichts können Kinder zwischen 12 und 16 Jahren besser. Das im Umbau befindliche Gehirn setzt nicht nur Ihr Kind von Zeit zu Zeit auf Stand-By, sondern auch der Biorhythmus verschiebt sich. Um 6.00 Uhr sind sie einfach nicht mehr so fit wie früher, sondern kommen erst nachmittags auf Hochtouren und sind auch abends um 22.00 Uhr noch nicht müde.
Außerdem steht Ihr Kind in dieser Phase auch gerne mal auf der langen Leitung. Die Gehirnbereiche kommunizieren in dieser Phase nicht immer optimal miteinander, weswegen Jugendliche Probleme damit haben, um die Ecke zu denken und komplexen Gedankengängen zu folgen. Aufgaben sollten daher möglichst klar und strukturiert sein.
Die gute Nachricht: Ihr Kind kann in diesem Alter auch Leidenschaften zeigen. Ist Ihr Kind genügend starken positiven Reizen ausgesetzt und entscheidet sich daher für eine bestimmte Sache, kann es diesbezüglich viel Engagement und Ausdauer beweisen. Einige Schüler fangen an, sich ehrenamtlich zu engagieren, entwickeln eine Vorliebe für ein bestimmtes Fach und finden auch im außerschulischen Bereich neue Hobbys. Diese Leidenschaften sollten Sie dringend fördern, denn Ihr Kind zieht daraus das eigene Selbstvertrauen.
Ab 16 Jahren - Spätpubertät
So langsam denken Sie sich, dass diese ganze Pubertät doch einmal vorbei sein könnte? Ein bisschen müssen Sie leider noch durchhalten. Kinder in der Spätpubertät wissen alles und vor allem besser. Das Selbstbild eines 16- oder 17-Jährigen liegt erstaunlich weit weg von der Realität. Doch gerade diese grenzenlose Selbstüberschätzung hilft Ihnen dabei, die eigenen Identität zu vervollständigen und sich als Erwachsener herauszubilden - trotz aller Widrigkeiten, Hindernisse und Einwände.
In der späten pubertären Phase gilt es für Jugendliche auch, den Blick nach draußen zu wenden, denn die Welt ist dazu da, um erobert zu werden. Ein schulisches Auslandsjahr, ein herausforderndes Praktikum oder das erste Mal mit den Freunden alleine reisen. All diese Dingen stärken Ihr Kind und sie finden auf diese Weise heraus, in welche Berufsrichtung sie später möchten.
5 Tipps, um Schule und Pubertät erfolgreich zu meistern
Geduld ist das A und O
Pubertät ist ein sich selbst und Grenzen austesten. Dabei wird auch gerne mal über das Ziel hinaus geschossen. Das kann ein Familienleben ordentlich durchrütteln. Diese Zeit überstehen Sie vor allem mit Geduld und Zuneigung. Denn die Familie bleibt auch für Jugendliche der größte Rückhalt. Druck auszuüben ist hier kontraproduktiv. Wenn das Kind keine Lust mehr auf Schule hat oder die Leistungen schlechter werden, betreiben Sie Ursachenforschung, ohne Ihr Kind zu verurteilen. Finden Sie heraus, ob es Auslöser wie Mobbing gibt oder es schlichtweg der erste Liebeskummer ist. Geduldig nachfragen sowie praktische Unterstützung und Lösungen anbieten bringt Ihr Kind in der Pubertät viel weiter, als Kontrolle und Vorwürfe.
Die Bedürfnisse und Belohnungen in den Schulalltag einbauen
Wenn Sie einmal herausgefunden haben, wie sich die Bedürfnisses Ihres Kindes in der Pubertät ändern, ist es gar nicht mehr so schwer, Ihr Kind zum Lernen zu motivieren. Machen Sie Ihrem Kind dem Alter angepasste Angebote wie z. B. “Wenn du Lea und Sebastian zum Lernen einlädst, bestelle ich euch Pizza und ihr dürft anschließend einen Filmabend machen.” Auch der Einsatz unterschiedlicher Lern-Apps kann helfen, die Motivation zu steigern, denn Smartphone & Co. sind aus den Kinderzimmern eh nicht mehr wegzudenken. Respektieren Sie auch den Biorhythmus des Kindes. Es gibt tatsächlich Jugendliche, die abends mit lauter Musik besser lernen, als direkt frühmorgens.
Grund für den Einsatz Belohnungen ist vor allem in der Hochpubertätsphase der Botenstoff Dopamin, der unter anderem für die Motivation zuständig ist. Jugendliche sind in diesem Alter auf der Suche nach starken und bestätigenden Reizen, weswegen Ihr Kind auch eher auf Belohnungen als auf Bestrafung reagiert.
Übrigens: In diesem Beitrag zeigen wir Ihnen 7 Tipps, wie Sie Ihr Kind beim Lernen unterstützen können.
Im Gespräch bleiben
In der Pubertät werden Eltern von den Kindern gerne mal ausgegrenzt. Dinge allein zu regeln ist ein weiterer Schritt auf dem Weg zum Erwachsenwerden. Nehmen Sie es nicht persönlich, wenn Ihr Kind Ihnen gegenüber mal wieder verschlossen ist und nicht wie noch vor ein paar Jahren von alleine von seinem Alltag erzählt. Loslassen ist hier das Stichwort. Signalisieren Sie trotzdem immer wieder Ihre Gesprächsbereitschaft, ohne Ihr Kind zu drängen. Jugendliche sind zudem oft gesprächsbereiter, wenn man sie nach ihren Empfindungen fragt, anstatt nach Tatsachen. Bekommen Sie Ihr Kind gar nicht mehr zum reden, fangen Sie beim gemeinsamen Abendessen einfach selbst mit erzählen an. Manchmal lockt das die Jugendlichen aus der Reserve, wenn ihre eigenen Pflichten und Probleme nicht im Vordergrund stehen.
Lernen für ein Berufsziel
“Du lernst nicht für Schule, sondern fürs Leben”. Seien Sie ehrlich - wie oft mussten Sie diesen Satz als Teenager hören? Schon uns war klar, dass dieser Spruch absolut nicht zutrifft, sondern es einfach nur darum geht, guten Noten zu erhalten. Genauso wie Sie wird auch Ihr pubertierendes Kind schnell merken, dass die Unterrichtsinhalte oft nichts mit dem Alltag zu tun haben. In einigen Fällen kann man dem Kind zwar noch verdeutlichen, dass man einiges später im Berufsleben braucht, aber ansonsten sollten Sie ehrlich sein: Setzen Sie Prioritäten, denn Jugendliche sind immer mehr in der Lage, sich auch langfristige Ziele zu setzen und schon einen ersten Blick auf spätere Studien- und Berufsmöglichkeiten zu werden.
Allerdings sollte Ihrem Kind auch klar sein, dass schlechte Noten in den ungeliebten Fächern den Notenschnitt verschlechtern und damit möglicherweise auch ein späteres Studium verhindern können. Ihrem Kind schwebt bereits ein bestimmter Berufswunsch vor und Sie kennen jemanden, der diesen Beruf bereits ausübt? Vermitteln Sie ein Gespräch zwischen diesem Bekannten und Ihrem Kind - oftmals bringt das erstaunliche Erkenntnisse, was später im Berufsleben wirklich alles gefordert ist. Jugendliche können dadurch den Schulalltag ganz anders angehen, wenn Sie wissen, worauf sie hinarbeiten und was sie von den Unterrichtsinhalten wirklich brauchen.
Wie genau Ihr Kind Notenziele in bestimmten Fächern erreichen kann und wie Sie Ihr Kind dabei unterstützen können, haben wir bereits in diesem Beitrag aufgegriffen.
Richtig für die Schule motivieren
Jugendliche haben prinzipiell kein Motivationsproblem, sondern Ihre Prioritäten liegen einfach woanders, als bei den Eltern. Daher müssen Teenager Schule und Lernen als ihr eigenes Anliegen begreifen. Pubertät geht auch immer mit der Eigenständigkeit einher, daher sollten Sie als Eltern Ihrem Kind die Verantwortung für den eigenen Lernerfolg übertragen. Um den Start zu erleichtern, können Sie sich gemeinsam mit Ihrem Kind erreichbare Ziele überlegen. Formulieren Sie die Ziele so konkret wie möglich und aus der Sicht Ihres Kindes - z. B. “Ich lerne jeden Tag 15 Minuten Vokabeln, um meine Englischnote zu verbessern”. Bleiben Sie trotzdem über die schulischen Leistungen Ihres Kindes informiert, ohne Ihr Kind ständig zu überwachen.
Wenn das mit der Verbesserung der Note nicht klappt, ist eine Analyse gefragt. Wurde zu spät mit Lernen angefangen, lag es an schlechter Planung, Verständnisproblemen, an falschen Lernmethoden oder hat Ihr Kind vielleicht Prüfungsangst? Stärken Sie auch hier die Selbstwirksamkeit Ihres Kindes und lassen Sie es zunächst selbst überlegen, wo genau das Problem liegt. Beraten Sie anschließend gemeinsam, wie das Lernen beim nächsten Mal besser funktioniert. Motivation für die Schule bekommen Jugendliche nämlich nur dann, wenn sie das Gefühl haben, sie können den Lernerfolg selbst beeinflussen.
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