Das Kind muss nachsitzen. Keine besonders schöne Nachricht für Eltern. Doch ist das Nachsitzen überhaupt noch erlaubt und wenn ja, wie sehen die konkreten Regelungen dafür aus? Was können Sie als Eltern tun, wenn das Kind länger in der Schule bleiben muss? Nachfolgend geben wir Ihnen die wichtigsten Informationen zum Thema Nachsitzen.
Was bringt das Nachsitzen?
Wie überall im Leben gibt es auch in der Schule bestimmte Regeln, an die sich Schüler halten müssen. Wer sich nicht daran hält, kann vom Lehrer zum Nachsitzen verdonnert werden. Während Eltern und Schüler das Nachsitzen als Strafe ansehen, sprechen die Schulgesetze von einer erzieherischen Maßnahme und genau das ist auch der Zweck: Schüler sollen mit diesem pädagogischen Mittel dazu gebracht werden, über ihr Fehlverhalten nachzudenken und dieses Verhalten zukünftig unterlassen.
Wann ist Nachsitzen zulässig?
Generell ist das Nachsitzen nicht verboten, darf aber nur in begründeten Fällen als erzieherische Maßnahme eingesetzt werden. Prinzipiell lässt sich sagen: Wenn ein Schüler gegen seine Pflichten bzw. gegen die Schulordnung verstößt, liegt ein hinreichender Grund für das Nachsitzen vor. Dazu zählt u. a., wenn der Unterricht schuldhaft versäumt, also geschwänzt wird oder wenn der Schüler z. B. während des Unterrichts mit dem Smartphone spielt und deswegen die Aufgaben nicht bearbeitet. Auch in einer permanenten Ruhestörung während des Unterrichts liegt ein Grund, um das Nachsitzen anzuordnen.
Nicht zulässig ist das Nachsitzen dagegen, wenn es als Strafe eingesetzt wird. Hatten beispielsweise zwei Schüler eine körperliche Auseinandersetzung, ist es unzulässig, diese Schüler als Strafe drei Stunden Nachsitzen zu lassen. Zudem muss das Nachsitzen einen Bezug zum Verstoß haben - wurde zum Beispiel die Schule geschwänzt und dafür Nachsitzen angeordnet, darf der Schüler während dieser Zeit nicht den Schulhof aufräumen, sondern hat den verpassten Stoff nachzuarbeiten. Ebenso unzulässig ist kollektives Nachsitzen. Ist der Lehrer also von der gesamten Klasse genervt und hat diese nicht unter Kontrolle, kann er nicht für alle Schüler das Nachsitzen anordnen.
Zudem ist das Nachsitzen nur dann erlaubt, wenn der Schüler von einer entsprechenden Aufsichtskraft beaufsichtigt wird. Eltern müssen über das Nachsitzen des Kindes zumindest telefonisch informiert werden, in einigen Bundesländern sogar schriftlich. Das gilt insbesondere auch dann, wenn das Kind noch minderjährig ist. Ein spontanes Nachsitzen ist also ebenfalls nicht zulässig.
Nachsitzen ist Sache der Bundesländer
Wie alle schulischen Angelegenheiten ist auch das Thema Nachsitzen von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich geregelt. Während die einen bei dieser erzieherischen Maßnahme voll und ganz auf die pädagogischen Fähigkeiten der Lehrer vertrauen, sind die anderen der Ansicht, die Schüler dürfen ruhig etwas länger in der Schule ausharren. Eltern können das Nachsitzen ihres Kindes nicht verweigern oder verbieten, sie müssen aber wie bereits erwähnt zumindest telefonisch darüber informiert werden. Die konkreten Regelungen zum Nachsitzen sehen in den einzelnen Bundesländern wie folgt aus:
- Baden-Württemberg: Bei Missachtung der Schulbesuchspflicht oder Nichteinhaltung der Schulordnung dient Nachsitzen als erzieherische Maßnahme. Nach dem Schulgesetz Baden-Württemberg dürfen Lehrkräfte das Nachsitzen bis zu zwei Unterrichtsstunden anordnen, die Schulleitung sogar bis zu vier Stunden.
- Bayern: In Bayern müssen die Eltern schriftlich darüber informiert werden, wenn das Kind nachsitzen muss. Als Strafe wird dies auch bei einer nicht hinreichenden Beteiligung der Schüler angesehen oder wenn der Unterricht gestört wird.
- Berlin: Die Hauptstadt sieht das Nachsitzen etwas lockerer und regelt dies nicht explizit in ihrem Schulgesetz. Allerdings wird es auch hier als allgemeine erzieherische Maßnahme angesehen, falls der Unterricht gestört oder die Schule geschwänzt wird.
- Brandenburg: Auch Brandenburg ist etwas gelassener als zum Beispiel Baden-Württemberg - hier müssen Schüler bei schuldhaft versäumten Unterricht maximal eine Stunde nachsitzen.
- Bremen: In Bremen wird gänzlich darauf vertraut, dass die Lehrer eine geeignete Erziehungsmaßnahme finden, weswegen das Nachsitzen im Schulgesetz nicht geregelt ist. Allerdings gilt auch hier wie in den anderen Bundesländern mit gesetzlicher Regelung: Das Nachsitzen muss begründet sein und darf nicht willkürlich erfolgen.
- Hamburg: Als pädagogische Maßnahme ist Nachsitzen dann erlaubt, wenn der Unterricht vom Schüler geschwänzt wurde. Eine zeitliche Regelung zum Nachsitzen trifft das Hamburger Schulgesetz an dieser Stelle jedoch nicht.
- Hessen: Auch hier zählt Nachsitzen als Strafe für das schuldhafte Fernbleiben des Unterrichts. Zulässig ist Nachsitzen hier jedoch nur, wenn Eltern vorab darüber schriftlich informiert wurden. Hessen bietet seinen Schulen jedoch die Möglichkeit, das Nachsitzen in ihrer individuellen Schulordnung gänzlich auszuschließen.
- Mecklenburg-Vorpommern: Nach vorheriger Benachrichtigung der Eltern darf das Nachsitzen angeordnet werden, wenn der Unterricht schuldhaft versäumt wurde. Eine konkrete Regelung sieht das Schulgesetz in Mecklenburg-Vorpommern jedoch ebenfalls nicht vor.
- Niedersachsen: Wie in einigen anderen Bundesländern ist Nachsitzen auch hier als Maßnahme zulässig, wenn der Unterricht geschwänzt wurde. Der Umfang dieser Erziehungsmaßnahme liegt dabei im Ermessen der jeweiligen Lehrkraft.
- Nordrhein-Westfalen: Auch in NRW müssen die Eltern vorab über das Nachsitzen informiert werden. Das Nachsitzen dabei dient der Aufarbeitung des schuldhaft versäumten Unterrichts.
- Rheinland-Pfalz: Zwar gilt in Rheinland-Pfalz das Nachsitzen ebenfalls als erzieherische Maßnahme, wenn der Schüler schuldhaft dem Unterricht fernbleibt, anders als in den anderen Bundesländern dient das Nachsitzen hier jedoch wirklich dem Nacharbeiten des Versäumten. Das heißt, ein Nachsitzen ohne Aufarbeitung der verpassten Unterrichtsinhalte ist hier verboten.
- Saarland: Eine abschließende Regelung sieht das Schulrecht in Saarland nicht vor, jedoch gilt Nachsitzen auch hier als eine mögliche erzieherische Maßnahme. Die Lehrkraft darf die erzieherische Maßnahme und damit auch das Nachsitzen je nach Einzelfall selbst bestimmen.
- Sachsen: Bei Störung des Unterrichts, mangelnder Disziplin oder schuldhaft versäumten Unterricht steht den Lehrkräften in Sachsen ein Katalog von erzieherischen Maßnahmen zur Verfügung, die die Lehrer nach eigenem Ermessen einsetzen dürfen. Nachsitzen wird dabei im Sächsischen Schulgesetz ausdrücklich als pädagogische Maßnahme angesehen.
- Sachsen-Anhalt: Auch hier dient das Nachsitzen dazu, lediglich die versäumten Unterrichtsinhalte nachzuholen. Die Lehrkraft darf dabei selbständig maximal eine Stunde Nachsitzen anordnen, in Absprache mit der Schulleitung ist eine zeitliche Ausweitung möglich.
- Schleswig-Holstein: Wie in den meisten anderen Bundesländern ist auch in Schleswig-Holstein das schuldhafte Fehlen im Unterricht ein berechtigter Grund für die Anordnung von Nachsitzen. Eltern sind über das Nachsitzen vorab zu informieren.
- Thüringen: Analog zu NRW und Sachsen-Anhalt dient das Nachsitzens in Thüringen ebenfalls lediglich dazu, die versäumten Unterrichtsinhalte nachzuholen. Eltern sind auch in Thüringen vorab über das Nachsitzen des Kindes zu benachrichtigen.
Sie wollen alle Regelungen im Blick behalten? Dann laden Sie sich jetzt unsere kostenlose Übersicht über die einzelnen Regelungen in den Bundesländern herunter (inkl. Link zu den jeweiligen Schulgesetzen): Download Übersicht Nachsitzen in den Bundesländern
Sollten Eltern das Kind für das Nachsitzen bestrafen?
Wie bisher aufgezeigt, ist das Nachsitzen in den Bundesländern und den jeweiligen Schulgesetzen vor allem dann gerechtfertigt, wenn Schüler den Unterricht stören oder die Schule schwänzen. Aber wie geht man als Elternteil damit um? Müssen Sie sich jetzt auch noch eine Erziehungsmaßnahme für das Fehlverhalten Ihres Kindes überlegen?
Ihr Kind empfindet das Nachsitzen sowieso schon als Strafe. Wenn Sie Ihr Kind jetzt auch noch zusätzlich bestrafen, könnte das gleich doppelte Wut erzeugen. Setzen Sie sich daher zunächst mit Ihrem Kind zusammen und hören Sie sich dessen Perspektive und Ursachen an. Wie kam es zu der Situation? Warum hat Ihr Kind so gehandelt? Fragen Sie auch nach möglichen Lösungen. Wenn Ihr Kind zum Beispiel den Unterricht gestört hat, weil es sich gelangweilt hat, fragen Sie, was es in der nächsten Stunde tun kann, um sich nicht wieder zu langweilen.
Leichte Erziehungsmaßnahmen können Sie natürlich trotzdem erteilen wie z. B. eine Woche Fernsehverbot. Erklären Sie aber Ihrem Kind, wieso es jetzt vorerst kein Fernsehen mehr gucken darf. So lernen Kinder, das jedes Verhalten positive wie negative Konsequenzen nach sich ziehen kann.
Zudem kommt es bei jeder Ihrer gewählten Erziehungsmaßnahmen auch darauf an, ob diese direkt etwas mit dem Fehlverhalten des Kindes zu tun hat. Wenn das Kind mehrfach die Hausaufgaben nicht erledigt hat, musste es diese Inhalte höchstwahrscheinlich schon während des Nachsitzens aufarbeiten. Dem Kind dann Zuhause noch extra Aufgaben aufzubrummen, ist hier nicht zielführend. Aber Sie könnten zum Beispiel von Ihrem Kind verlangen, dass es Ihnen für die nächsten vier Wochen die erledigten Hausaufgaben zeigt.
Fazit: Das wichtigste in Kürze zum Thema Nachsitzen
Nachsitzen ist vor allem dann erlaubt, wenn Schüler den Unterricht geschwänzt oder gestört haben. Die konkreten Regelungen gestalten die Bundesländer in ihren jeweiligen Schulgesetzen. Spontanes Nachsitzen ist generell nicht erlaubt, sondern Eltern müssen zumindest telefonisch darüber informiert werden. Mehrstündiges Nachsitzen ist eher die Ausnahme als die Regel und wird in diesen Fällen im eigenen Schulgesetz geregelt. Kollektives Nachsitzen ist dagegen verboten und der Lehrer muss die Schüler auf andere Weise disziplinieren.
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