Schule ist manchmal mit einer Art Blackbox zu vergleichen. Eltern sehen ihre Kinder morgens das Haus verlassen und nachmittags wieder kommen, was während den Stunden dazwischen in der Schule passiert, erfahren wir nur lückenhaft und manchmal auch nur durch penetrantes Nachfragen. Lehrer sehen sich einem ähnlichen Phänomen gegenüber - sie sehen zwar, was in der Schule abläuft, wie das Lernen und die Prüfungsvorbereitung Zuhause funktioniert oder was die Schüler privat bewegt, erfahren sie nicht.
Um ein bisschen Licht in diese Blackbox zu bringen eignen sich zunächst Elternabende, in denen es um die gesamte Klassenleistung geht. Aber auch Lernentwicklungsgespräche, welche in vielen Bundesländern mittlerweile stattfinden, helfen dabei, auf die individuellen Leistungen eines Schülers einzugehen.
Lernentwicklungsgespräch - was, wann, wer?
Gerade für Eltern, deren Kind gerade erst eingeschult wurde, sind Lernentwicklungsgespräche noch unbekannt, daher wollen wir zunächst die wichtigsten Fragen klären:
- Was? Für Lernentwicklungsgespräche gibt es unterschiedliche Regelungen in den einzelnen Bundesländern (siehe weiter unten), generelles Ziel ist es jedoch, einen genaueren Blick auf die individuelle Leistungsentwicklung eines Schülers zu werfen. Zeitgleich soll festgelegt werden, wie die Entwicklung des Kindes möglicherweise gefördert werden kann und was die nächsten sinnvollen Schritte sind.
- Wann? Lernentwicklungsgespräche sind eine Alternative zum Zwischenzeugnis. Je nach Bundesland muss dieses Gespräch entweder zum Schuljahresbeginn beantragt oder abgelehnt werden. Das Gespräch hat dabei zeitnah vor dem offiziellen Termin zur Aushändigung der Halbjahreszeugnisse stattzufinden.
- Wer? Bei einem Lernentwicklungsgespräch kommen alle Beteiligten zusammen - die zuständige Lehrkraft, der Schüler und die Erziehungsberechtigten. Bei Bedarf kann zusätzlich ein Dolmetscher zum Gespräch hinzugezogen werden.
- Wie lange? Als Eltern und Schüler kann man ungefähr mit einer Gesprächsdauer von 30 Minuten rechnen. Jedoch spielen auch Faktoren wie Aufmerksamkeit und Konzentration bei diesen Gesprächen eine Rolle.
In diesen Bundesländern finden Lernentwicklungsgespräche statt
- Im Schuljahr 2017/2018 wurden in Baden-Württemberg die Lernentwicklungsgespräche eingeführt, finden jedoch nur in der 3. Klasse statt. Die Schulen können in ihren jeweiligen Schulkonferenzen selbständig entscheiden, ob sie LEGs durchführen möchten. Lehnen die Eltern das Lernentwicklungsgespräch in der 3. Klasse ab, bekommt der Schüler ein normales Halbjahreszeugnis ausgestellt.
- Die Regeln in Bayern für LEGs sind ähnlich denen in Baden-Württemberg. Auch hier entscheiden die Schulen selbst, ob solche Gespräche stattfinden sollen und Eltern haben die Möglichkeit stattdessen ein Notenzeugnis für ihr Kind zu beantragen.
- In Brandenburg sind Lernentwicklungsgespräche in der 1. und 2. Klasse Pflicht und werden zum Ende des Schulhalbjahres durchgeführt. Am Schuljahresende gibt es für die Brandenburger Schüler dann wie gewohnt die schriftliche Beurteilung. Für die Klassenstufe 3 und 4 können die Schulen selbst entscheiden, ob sie Lernentwicklungsgespräche durchführen möchten, allerdings müssen sich hier sowohl die Elternversammlung als auch die Klassenkonferenz mit der Mehrheit dafür aussprechen.
- Bremen bietet bereits seit 2009 die Möglichkeit an, Lernentwicklungsgespräche zu führen, wobei dies für die Schulen freiwillig ist.
- In Rheinland-Pfalz hat das Kind einen anderen Namen, nämlich “Lehrer-Eltern-Schüler-Gespräch”. In der 2. Klasse wird das Halbjahreszeugnis komplett durch dieses Gespräch ersetzt, in den Klassen 3 und 4 erfolgt eine Kombination aus dem klassischen Notenzeugnis und einer verbalen Beurteilung.
- Seit 2011 sind die Lernentwicklungsgespräche in Hamburg verpflichtend und müssen 1x pro Jahr durchgeführt werden. Ebenso verbindlich sind die Lernentwicklungsgespräche zu den Halbjahreszeugnissen seit 2013/2014 in Sachsen-Anhalt und Thüringen.
Tipps für Eltern für Lernentwicklungsgespräche
Die Vorbereitung
Sobald Sie einen Termin mit der Lehrkraft vereinbart haben, sollten Sie anfangen, sich Fragen zu überlegen. Beobachten Sie Ihr Kind noch einmal genau und achten Sie auf folgende Dinge:
- Wirkt Ihr Kind in einen oder mehreren Fächern unzufrieden oder hat es Probleme?
- Steht Ihr Kind unter Druck?
- Wie lange sitzt Ihr Kind an den Hausaufgaben? Ist es oft auf Unterstützung angewiesen?
Bleiben Sie zudem informiert. Reden Sie mit Ihrem Kind und finden Sie heraus, ob es etwas auf dem Herzen hat oder ob Sie als Eltern bestimmte Dinge bei diesem Gespräch ansprechen sollen. Schauen Sie sich zur Vorbereitung zudem nochmals das letzte Zeugnis an, ggf. auch, wie sich Ihr Kind über mehrere Zeugnisse hinweg entwickelt hat.
Das Gespräch selbst
Während des Gesprächs
Bei einem Lernentwicklungsgespräch sind Sie als Eltern zwar anwesend aber Ihr Kind ist die Hauptperson. In der Regel wendet sich die Lehrkraft direkt an den Schüler, spricht über dessen Stärken und Schwächen. Sie hören zunächst nur zu, die vorbereiteten oder während des Gespräch aufkommenden Fragen können Sie im Anschluss stellen. Sollten Sie während des Gesprächs passende Ergänzungen haben, können Sie natürlich trotzdem auch während des Gesprächs etwas sagen.
Setzen von Lernzielen
Während des Lernentwicklungsgesprächs tauschen sich Ihr Kind und die Lehrkraft darüber aus, welches Ziel erreicht werden kann und welche Methoden sich dafür am besten eignen. Wenn also vereinbart wird, dass Ihr Kind sich zukünftig mehr mit Rechtschreibung auseinandersetzt sollte gleichzeitig auch darüber gesprochen werden, mit welchen Lernmethoden dieses Ziel realistisch gesehen erreicht werden kann. Sie als Eltern dürfen hierbei gerne Ihre Einschätzung dazu abgegeben, ob die Lernvorhaben richtig gesetzt sind. Beziehen Sie Ihr Kind dabei ein, in dem Sie z. B. fragen: “Wie sicher bist du, dass du dieses Ziel schaffen kannst?”.
Was tun, wenn Konflikte auftreten?
Nicht immer sind sich Lehrer und Eltern einig, was schulische Belange angeht. Vielleicht finden Sie die Ansprüche zu hoch oder sind mit den Unterrichtsmethoden unzufrieden. Bleiben Sie trotzdem fair und äußern Sie Kritik konstruktiv und respektvoll. Sollten Sie sich mit dem Lehrer nicht einig werden und der Konflikt sich ausweiten, sollte das Gespräch freundlich aber bestimmt abgebrochen und zu einem späteren Zeitpunkt fortgeführt werden.
Nach dem Gespräch
Ist das Lernentwicklungsgespräch beendet, sollten Sie mit Ihrem Kind ein kurzes Fazit ziehen. Wurden alle wichtigen Themen angesprochen? Sind sie beide mit dem Ergebnis des Gesprächs zufrieden? Sollten Sie oder Kind noch Fragen haben oder im Nachgang noch etwas unklar sein, suchen Sie nochmal das Gespräch mit dem Lehrer. So lassen sich auch wirklich alle Themen und Fragen abschließend klären, für die während des engen Zeitrahmens im Lernentwicklungsgespräch zunächst kein Platz war.
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